der fiat-standard | Kapitel 4 | Saifedean Amous
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Das Geld- und Finanzystem wie wir es heute kennen ist inzwischen etwas über fünfzig Jahre alt. Während seiner Entstehungszeit um 1914 mag es durchaus seine Berechtigung gehabt haben. Etwas über 100 Jahre später wird es aber Zeit, dieses System in Frage zu stellen, da es Ausgangslage vieler grundlegender Probleme der Neuzeit und unfair ist. Der fiat-standard von Saifedean Amous beschreibt seine Stärken und Schwächen und diese Blog-Reihe ist ein Versuch das Buch in leicht verständlichen zu besprechen.
In Kapitel 4 des Buches geht der Autor auf die Schöpfung von Fiat-Token ein. Als Mass für die Verkäuflichkeit von Fiat-Geld im Laufe der Zeit wurde festgestellt, dass sein Angebotswachstum in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts im Durchschnitt viel höher war als jenes von Gold und Silber. Während lediglich ein kleiner Teil einer Landeswährung in Form von Bargeld existiert, wird der weitaus grössere Teil in digitaler Form erschaffen, wenn Finanzinstitute mit Unterstützung von Zentralbanken Kredite vergeben. Fiat-Token werden also nicht neu geschaffen indem Bargeld gedruckt wird, sondern wenn neue Schulden ausgegeben werden. Neues Geld wird also nicht erwirtschaftet sondern im Einverständnis von Zentralbanken, indem Kunden in die Verschuldung getrieben werden. Andere in Schulden zu stürzen ist also die moderne Form der Golderschliessung. Aus diesem Grund spricht der Autor hier auch vom Fiat-Mining.
Kupfer, Silber und Goldminenbetreiber versuchen ständig, ihr Angebot zu erhöhen, doch die Knappheit verhindert, dass das Angebot zu schnell wächst. Bei Bitcoin verhindert die im Code verankerte Schwierigkeitsanpassung und die Kontrolle Tausender im Netz verteilter Node, dass das Angebot zu schnell wächst und im Durchschnitt nur alle zehn Minuten ein neuer Block mit frischen Bitcoin gefunden wird. Politiker und Banker finden aber stets neue Ausreden für die Kreditvergabe in Form von Staatsgeld. Diverse Massnahmen waren stets von kurzem Erfolg, um die von Zentralbanken übernommene Schuldenschöpfung zu kontrollieren. Da die Kreditvergabe im Grunde dem Schürfen neuer Fiat-Token gleichkommt, besteht ein grosser Anreiz zur Ausgabe von Schulden. Da Finanzinstitute von der Schaffung neuen Geldes profitieren, sind Kreditvergabelizenzen heiss begehrt. Der kurzfristige Wirtschaftsaufschwung welcher durch die Vergabe von Krediten ausgelöst wird, liegt im Interesse der Politiker, da die langfristigen Folgen in der Regel von den Nachfolgern getragen werden müssen. Geld kann für Kapitalgüter gehandelt werden, es kann sie aber weder ersetzen noch ergänzen. Ein vorhandener Kapitalstock kann nur durch Aufschub des Verbrauchs an vorhandenen Ressourcen erhöht werden. Anstatt Kapital von Sparern anzuhäufen und es an Kreditnehmer zu verleihen, schafft Fiat-Banking einfach neue Ansprüche auf bestehendes Kapital, um diese an Kreditnehmer zu verteilen. Sparen verliert deshalb an Attraktivität und wird durch die stetige Entwertung der lokalen Währung im Prinzip sogar bestraft.
Diese Form der Geldmengenausweitung wird erst dann gestoppt, wenn Unternehmen ihre Kredite nicht mehr zurückzahlen können und Konkurs gehen. Sobald sich diese Ausfälle in der Pleitephase des Konjunkturzyklus häufen, beginnt die Geldmenge zu schrumpfen, was wiederum die Solvenz der Finanzinstitute bedroht. Sollte diese Phase zahlungsunfähiger Unternehmen andauern, würden über kurz oder lang auch die Kredit verleihenden Banken Konkurs gehen. Da die Zentralbank beliebig Liquidität schaffen kann, würde sie durch die Behebung von Liquiditätsengpässen zwar Existenzen retten, jedoch damit die Rezessionsphase des Konjunkturzyklus in Gang setzen. Was wiederum bedeutet, dass die Wirtschaft schrumpft.
Nach über 100 Jahren des Fiat-Standards hat sich zwischen Wissenschaftlern und politischen Entscheidungsträgern ein Konsens darüber herausgebildet, wie wichtig es ist, eine monetäre Schrumpfung um jeden Preis zu verhindern. Dieser Konsens ist jedoch auf Treibsand aufgebaut ist, da eine mögliche Vorbeugung ignoriert wird und die langfristigen Auswirkungen einer Reflationierung, also die Förderung künftiger Blasen und deflationäre Zusammenbrüche einander folgen wie die Jahreszeiten. Dabei führt jeder dieser Zyklen zu Fehlallokation erheblicher Teile des gesellschaftlichen Kapitalstocks in unrentable Unternehmungen, welche liquidiert werden müssen. Der Fiat-Standard hat also ein Infaltions- und ein Deflationsproblem. Die deflationäre Phase des Zyklus hat in der Regel schreckliche Folgen, womöglich deshalb wird meist ignoriert dass sie sowohl das Wachstum als auch die Ausweitung der Geldmenge erheblich einschränkt. Ohne diese Episoden in welchen jeweils grosse Teile der Geldmenge vernichtet werden, würde die Geldentwertung viel schneller vorschreiten. Rezessionen und die Weitsicht der Zentralbanken, dass es selten zu Hyperinflationen – wie sie wohl aktuell in der Türkei losgetreten wurde – kommt.
Daten für 167 Länder zeigen, dass die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der Geldmenge zwischen 1960 und 2020 29% betrug. Die Schweiz wies mit 6,5% pro Jahr in diesem Zeitraum die niedrigste durchschnittliche jährliche Wachstumgsrate auf. Die zweitniedrigste jährliche Wachstumsrate wiesen die USA mit 7,4% aus, gefolgt von Schweden mit 7,9% und Dänemark mit 8,2%.
Bitcoin dagegen hat eine voraussehbar abnehmende Wachstumsrate, ist also auf lange Sicht deflationär, und Gold hat eine durchschnittliche Wachstumsrate von 1 – 2% pro Jahr, bei Fiat ist die Wachstumsrate äusserst variabel. Selbst bei den oben aufgeführten Fiat-Musterschülern kann die Wachstums- oder Schrumpfungsrate jeweils bis zu 10% betragen und da sind Ereignisse wie Corona, Gasmangel oder der Krieg in der Ukraine noch nicht mal mit eingerechnet.
Deflationsphobie.
Die Deflationsphobie bei Politikern und Keynesianern hat schon beinahe paranoide Züge und selbst natürliche Preissenkungen aufgrund von Produktionssteigerungen werden als Gefahr für die Wirtschaft deklariert. Dabei sollte man sehr genau zwischen einer rezessionsbedingten, durch inflationären Kreditkollaps ausgelösten, und einer produktivitätsbedingten guten Deflation, unterscheiden. Dabei wäre dies in einem freien Marktsystem mit einem soliden Tauschmittel eine normale Entwicklung. Die Marktteilnehmer würden immer mehr Güter Produzieren, während das monetäre Medium die niedrigste Wachstumsrate hätte. So war es zumindest während Zeiten, wo der Goldstandard galt. Während alle anderen Güter in immer grösseren Mengen produziert wurden, gewann Gold aufgrund seiner Härte gegenüber allen anderen Gütern stetig an Wert. In einem Markt mit hartem Geld sollten Sparer davon profitieren, wenn sie ihren Konsum aufschieben, weil sie später mehr für ihr Geld bekommen sollten. Diese Form von Deflation wäre natürlich und entgegen jahrzehntelanger Behauptungen der Fiat-Ökonomen nicht nachteilig für die Wirtschaft, denn die Möglichkeit in der Zukunft mehr Güter zu kaufen, hält niemanden davon ab, auch in der Gegenwart zu konsumieren. Menschen müssen essen, um zu überleben, brauchen ein Dach über dem Kopf, Kleidung, Unterhaltung und andere Konsumgüter, Aldo konsumieren sie. Härteres Geld wird zwar zu weniger Konsum in der Gegenwart, jedoch zu mehr in der Zukunft führen.
Ein gutes Beispiel für billiger werdende Güter sind Produkte aus der Computerindustrie. 1960 kostete eine externe Festplatte mit 1 Megabyte Speicher 3’500 US-Dollar, 2020 kostete der selbe Speicherplatz. nur noch einen Bruchteil eines Cent. Dennoch wurden fortlaufend Computer gekauft, obwohl man wusste, dass die Preise sinken werden. Bei einem Kauf einer Ware rechnet man nicht mit dem Preis welche sie in der Zukunft haben wird, sondern man macht eine Konsten-/Nutzenrechnung in der Gegenwart. Egal ob Smartphone oder Laptop, jeder Mensch kauft sich diese Geräte, wenn er sie in der Gegenwart benötigt, obwohl er weiss, dass er sie ein Jahr später zu einem günstigeren Preis erwerben kann.
Der menschliche Fortschritt hängtet der Härtung seiner monetären Medien zusammen. Je härter es ist, desto weniger wird sein Angebot aufgebläht, und desto eher kann sein Besitzer erwarten, dass es seinen Wert behält oder in Zukunft sogar an Wert zulegt. Die Geschichte der Tauschmittel zeigt auf, dass die Nutzer stets zu einer härteren, nicht herstellbarem Gut wechselten. Von Salz, Muscheln, Glasperlen und Rai-Steinen über Eisen, Kupfer und Silber war zu Beginn des 20. Jahrhunderts beinahe die gesamte Menschheit an einen Goldstandard gebunden und in der Lage, ihren Wohlstand in einem Geld zu speichern, dessen Angebot jährlich lediglich rund 2% zunahm und dessen Wert zuverlässig anstieg. Die Einführung von Fiatgeld stoppte diese scheinbar unaufhaltsame Entwicklung zu immer härterem Geld. Nun steigt das Angebot um rund 7% jährlich, sparen wird schwieriger und die Zukunft ungewisser. Grössere Ungewissheit und Unsicherheit über die Zukunft führen zu einer stärkeren Diskontierung der Zukunft und höherer Zeitpräferenz.
Vom Verbraucherpreisindex (VPI) und dem einheitenlosen Messverfahren.
Von der Regierung beauftragte Statistiker und Anhänger von Fiatgeld sind schon beinahe obsessiv von einer Kennzahl mit der Bezeichnung Verbraucherpreisindex besessen. Dieser Index beinhaltet einen willkürlich zusammengestellten Warenkorb, dessen Inhalt beliebig ausgewechselt werden. Wie so oft in der Pseudowissenschaft hat auch der VPI keine definierte Einheit, mit welcher er gemessen werden kann. Nur aufgrund einer festen konstanten Einheit, deren Definition und Grösse bekannt und unabhängig überprüfbar ist, kann auch zuverlässig und verbindlich gemessen werden. Solche Einheiten sind beispielsweise das metrische System, Liter, Kilogramm oder Stunden, Minuten und Sekunden. Wie sollte ohne konstanten Bezugsrahmen beispielsweise die Höhe eines Hauses gemessen werden. Der VPI verfügt über keinen entsprechenden konstanten Bezugsrahmen. Die Preise der Waren und deren Veränderung wird in Bezug auf die jeweiligen lokalen Token (CHF, £, $) gemessen. Diese wiederum sind alles andere als konstant und ändern selber kontinuierlich ihre Werte. Wenn also der Wert eines Token sinkt, können sich deren Nutzer nicht mehr die selben Dinge leisten, auch wenn deren Wert stabil bliebe, deshalb würden diese Waren automatisch durch minderwertigere Produkte ersetzt. Kaufentscheidungen sind Preis sensitiv und passen sich Preisänderungen an. Also ändert sich der Inhalt des Warenkorb aufgrund der Preisentwicklung der sich darin befindenden Waren und die Preise wiederum beeinflussen die Kaufentscheidungen hin zu günstigeren Waren, wenn sie die Konsumenten die sich im Warenkorb befindenden waren des täglichen Gebrauchs nicht mehr leisten können. Eine Endlosschleife zweifelsohne aber keine verbindliche Messgrösse. Würde heute noch mit dem Warenkorb aus den 80er-Jahren gemessen, würde die Inflationsrate deutlich höher ausfallen als sie aktuell von der Europäischen Zentralbank verbreitet wird.
Abgesehen von der Veränderung des Warenkorbes aufgrund sich ändernder Kaufentscheidungen, besteht auch bei denjenigen Personen welche den Warenkorb zusammenstellen eine starke Motivation die Waren kontinuierlich auszutauschen. Der ehemalige Vorsitzende der FED bekämpfte die Inflation indem er regelmässig Waren welche im Preis stiegen aus dem Warenkorb austauschte. Als er damit fertig war, hatte er etwa 65% der Waren aus dem VPI gestrichen, darunter Lebensmittel, Öl und energiebezogene Produkte. Diese sind bis heute nicht mehr im Warenkorb aufgetaucht. Eine der wichtigsten Massnahmen war aber die Herausnehme der Hauspreise aus dem Warenkorb, da es neu als Investitionsgut eingestuft wurde.
Die deutsche Übersetzung und Quelle für diese Blog-Reihe des «fiat-standard» findest du bei Aprycot Media.
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