Diese Woche sorgte das über Twitter angekündigte Delisting von BitcoinCHSV auf Binance für grosse Emotionen und entsprechende Schlagzeilen im Kryptoversum. Auch wenn ich diese Mitteilung anfänglich mit einer gewissen Genugtuung zur Kenntnis nahm, sehe ich in dieser Handlung inzwischen auch eine vergebene Chance für Binance. Doch bevor ich meine persönliche Einschätzung zu diesem Ereignis abgebe, eine Auflistung der chronologischen Ereignisse.
Ein Fork kommt selten allein
Am Anfang war Bitcoin. Der Coin und die damit einhergehende Blockchain-Technologie feierte unlängst zehnjähriges Jubiläum. Inzwischen – spätestens seit dem Hype Ende 2017 – ist bekannt, dass Bitcoin auch ein paar «Schwächen» aufweist, zumindest, sollte Bitcoin weiterhin als peer-to-peer Geldsystem weiterentwickelt werden. Die drei am emotionalsten diskutierten Hindernisse auf dem Weg zur digitalen Weltwährung sind; Skalierbarkeit, Geschwindigkeit & Privacy/Fungibilität. Und so geschah es, dass sich unter den Entwicklern und sonstigen Vertretern Lager auftaten. Die einen forderten grössere Blöcke, andere wollten die Skalierung auf eine Side-Chain auslagern. Die Fronten verhärteten sich, was schliesslich (2017) zum ersten, grossen Bitcoin-Hardfork führte. Wer nun glaubte Bitcoin Core (BTC) und Bitcoin Cash (BTCH) würden fortan in friedlicher koexistenz leben, der irrte. Denn sowohl BTC als auch BTCH proklamierten nun für sich, der einzig wahre und originale Bitcoin im Sinne Satoshi Nakamoto’s Whitepaper und Vision zu sein. Als wäre dies nicht genug Verwirrung, tat sich im BTCH-Lager, schon nach kurzer Zeit, ein weiterer Graben auf … Vordergründig gerieten Roger Ver (Bitcoin-Investor und -Millionär der frühen Stunde) und Craig Wright (selbsternannter Satoshi Nakamoto) aus technischen Gründen aneinander. Wer die Szene jedoch etwas länger verfolgt, kann sich dem Verdacht nicht erwehren, dass hier zwei ausgeprägte Egos aneinander gerieten.
Satoshi or not to be?
Diese Frage scheint zumindest für Craig Wright geklärt. Seit einigen Jahren behauptet dieser nämlich Nakamoto zu sein. Da in den ersten Monaten nach der Initialisierung der Bitcoin-Blockchain ausschliesslich von einem Computer Bitcoins geschürft wurden (insgesamt über 1.1 Mio. BTC), diese jedoch nie aus der entsprechenden Wallet transferiert wurden, geht man allgemein davon aus, dass einzig der «echte» Satoshi Nakamoto im Besitz des gefragtesten Private Key der Bitcoin-Geschichte ist und als Wright dazu aufgefordert wurde, Bitcoins von dieser Adresse zu bewegen, war ihm dies nicht möglich. So blieb er auch den Beweis schuldig, der einzige Erfinder von Bitcoin zu sein.
Inzwischen verbreitet er die These, dass es sich bei Nakamoto nicht um eine Person, sondern um eine Gruppe von Entwicklern handle, er einer aus dieser Gruppe sei und deshalb auch der einzige, welcher die wahre Bestimmung von Bitcoin kenne, was unlängst zum Fork vom Fork und zu Bitcoin Cash Satoshis Vision (BCHSV) führte.
Wer nun glaubte, dass diese erneute Abspaltung wieder etwas Ruhe in die Community bringen wird, hat Wrights Geltungsdrang unterschätzt. Mit unrühmlichen Statements und meist zweifelhaften Aktionen, verschaffte er sich nämlich wiederholt Aufmerksamkeit, indem er unter anderem vor Kurzem, ein Kopfgeld auf das Twitter-Profil von @HODLONAUT aussprach. Dieser (anonyme) Profil-Inhaber hatte es nämlich gewagt, Craig Wright als Fake-Satoshi zu bezeichnen. Da man jedoch ein anonymes Twitter-Profil nicht mit Millionen-Klagen eindecken kann, versprach Mr. Wright all jenen eine hohe Belohnung aus, welche @HODLONAUT denunzieren würden.
Dieser Aufruf wiederum erwies sich jedoch als reiner Steilpass für die Community. Plötzlich wollte jeder auf Twitter der wahre @HODLONAUT sein.
Verbannung aus ethischen Gründen
Wie es scheint, hat Mr. Wright den Bogen nun überspannt. Denn vor wenigen Tagen liess «Binance», eine der grössten und erfolgreichsten Krypto-Börsen, verlauten, dass sie BCHSV sogenannt delisten und die Traiding-Pairs bereits im April aus dem Programm nehmen werden. Wer bis zum Juli 2019 seine BCHSV nicht auf eine andere Börse oder in ein privates Wallet transferiert habe, würde diese unwiderruflich verlieren. Grundsätzlich ist so ein Delisting kein Aufreger. Regelmässig werden Krypto-Assets aus dem Programm genommen, welche im Verdacht stehen, dass sie ein reiner Scam sind oder schlicht keine Nachfrage dafür bestehen würde.
Im Fall von Binance und BCHSV wird nun aber zum ersten Mal und offiziell ein Asset aus ethischen Gründen entfernt. Leider geschieht dies jedoch eigenmächtig und zentralisiert.
Klassischer Fall von das Richtige falsch ausgeführt …
Bevor hier der Eindruck entstehen mag, dass ich ein Delisting aus ethischen Gründen falsch finde, möchte ich festhalten, dass ich den grundsätzlichen Entscheid vollkommen unterstütze. Auch «Binance», das dahinter stehende Team und sein smarter CEO Changpeng Zhao sind mir durchaus sympathisch und haben in den vergangenen Monaten vieles besser gemacht, als die Konkurrenz.
Nur widerspricht dieses Vorgehen einigen ethischen Grundsätzen der Community und der gesamten Krypto-Ökonomie. Kryptopia ist nämlich angetreten, Alternativen zu willkürlicher Zensur und zentralistischen Entscheiden zu entwickeln und gerade gegen diese Ideologie verstösst «Binance» nun aus ethischen gründen. Dabei wäre die Lösung auf der Hand gelegen, wie eine Umfrage auf Kraken zum selben Thema vor wenigen Tagen bewies. Dort haben sich nämlich über 75% der Nutzer ebenfalls für ein Delisting von BCHSV entschieden.