Die nie enden wollenden Bankferien

FIAT-Standard, Vorwort

der fiat-standard | Kapitel 2 | Saifedean Amous
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Mit dieser Blog-Reihe versuche ich «den fiat-standard» von Saifedean Amous Kapitel für Kapitel zusammenzufassen und das unübersichtliche und absichtlich kompliziert gestaltete, vorherrschende Finanz- und Geldsystem einer breiteren Leserschaft in eine allgemein verständliche Sprache zu «übersetzen». Denn nur wer die Ungerechtigkeiten, Unzulänglichkeiten und Probleme dieses Fiatsystems versteht, sucht vielleicht nach einer Lösung, welche seit 2009 auf dem Weg ist, die Welt in einer nachhaltigen Weise zu verändern. Fiat ist lateinisch und meint «Es werde! Es geschehe!» und das heute verwendete Papier(geld) wurde weltweit von Staates wegen und aus politischem Interesse aufgezwungen.

Im August 1915 veröffentlichte die Regierung des Vereinigten Königreichs von England einen Aufruf, in welchem sie sämtliche Banken dazu aufforderte, bei Barzahlungen Papiergeld anstelle von Gold zu verwenden. Ausserdem wurde die Bevölkerung aus patriotischen Gründen dazu aufgerufen, sämtliche Bargeldgeschäfte mit Papiergeld zu verrichten und sich auch die Löhne nicht mehr in Gold sondern Banknoten auszahlen zu lassen. Mit dieser weitestgehend in Vergessenheit geratenen Ankündigung leitete die Bank of England die Abkehr vom globalen Goldstandard ein. Mit dem Übergang zum Fiat-Geld bestimmte nicht mehr der friedliche Austausch auf dem Markt den Wert und die Wahl des Geldes. Stattdessen waren es die Sieger der beiden Weltkriege, welche fortan die Wahl und den Wert des Mediums diktierten, welches die Hälfte einer jeden Markttransaktion ausmacht. Diese und weitere Massnahmen jener Zeit wurden als vorübergehende Notmassnahmen, zwecks Bestreitung der jeweiligen Kriege angesehen. Doch wie so oft kehrte das Währungssystem nie wieder auf Währungen zurück, welche vollständig in Gold einlösbar sind.

Die Ankündigung 1915 galt als vorübergehende Notmassnahme, zwecks Finanzierung des Krieges. In Erwartung eines schnellen Sieges wurde der Erste Weltkrieg anfänglich auch als Bankferienkrieg bezeichnet. Seit jenen, sogenannten Bankenferien wird der Wert einer Währung nicht mehr durch ein physisches rares Gut bestimmt, sondern von einer Behörde diktiert, welche die Emission, das Angebot, die Abwicklung kontrolliert und es sogar konfiszieren kann, wenn sie es für richtig hält. Wie jüngste Ereignisse zeigten, sind Sperrungen von privaten Bankkonten längst auch in westlichen Demokratien wie Kanada, Amerika aber auch in Europa und sogar in der Schweiz längst an der Tagesordnung. Geraten einzelne Transaktionen auf dem Bankkonto unter Verdacht oder verhält man sich nicht so wie es sich die Staaten vorstellen, werden die entsprechenden Konten von jetzt auf gleich gesperrt und man gerät leicht in Erklärungsnotstand und unter Generalverdacht, wie dies beispielsweise einst bei Julian Assange der Fall war. Nach dem Griechenlands Staatsbankrott war es den einzelnen Bürgern lediglich noch erlaubt EUR 100 pro Tag vom privaten Konto abzuheben und ich bin mir sicher, dass wir alle schon mal in der unbequemen Lage waren, wo wir einem Bankvertreter Rechenschaft über einzelne Transaktionen abgeben sollten. Es sollen schon Bankkonten gesperrt werden, nur weil der auf einer Bank hinterlegte Pass abgelaufen war.

Vermeintlicher Auslöser für die Abkehr vom Goldstandard.

Die Probleme der Bank of England, der damals am besten international vernetzten Bank, begannen, als weltweit grosse Menschenmengen am Schalter anstanden, um ihr Papiergeld in Gold umzutauschen, da dieses von der Regierung, zwecks Kriegsfinanzierung, abgewertet wurde. Da jedoch schon damals längst nicht mehr alle Banknoten mit Gold gedeckt waren, konnte die Bank auch nicht alles umtauschen. Die Bank hatte sich aber längst daran gewöhnt, nicht alle Noten in Gold aufzuwiegen, weil Anleger ihr Gold, wegen der besseren Transportierbarkeit, gerne in Geld-Schuldscheine umtauschten. Deshalb ist es wohl auch kein Zufall, dass just nach der grossen Corona-Grippe-Welle der Druck auf Bargeld stark angestiegen ist.

Damals war das Pfund Sterling die Welt-Leitwährung, da beinahe die Hälfte der weltweiten Devisenreserven darin gehalten wurden. Durch diesen Erfolg und den Umstand, dass das Pfund Sterling beinahe so beliebt wie Gold war, fühlte sich die Bank of England nicht gezwungen, sich 100%ig an eine Golddeckung zu halten. Zudem waren die Zentralbanken der Kolonien dazu angehalten, beträchtliche Mengen in Pfund und nicht in Gold zu halten, was der Bank of England in diesen Kolonien einen beträchtlichen Inflations-Spielraum verschaffte. Dies funktionierte so lange, bis die Anleger in den Kolonien ihr Papiergeld wieder in Gold umwandeln wollten. Für die damaligen Banker trafen die Finanzkrise und der Weltkrieg völlig überraschend ein. Der Krieg löste die Liquiditätskrise zwar aus, diese war aber selbstverschuldet. Wie aktuelle Ereignisse zeigen, reimt sich die die Geschichte immer wieder. Auch heute wieder soll der Krieg und nicht die seit Jahren unkontrollierte Geldschwemme für die weltweit stetig steigenden Inflationsraten verantwortlich sein.

„Zentralbanken wurden eingeführt, um Kriegsfinanzierung zu sichern.“

Dr. Prof. Alex Weber, ehemaliger Präsident der Deutschen Bundesbank.

So trat damals ein, was bis dahin unvorstellbar war, die Bank war nicht mehr fähig alles Geld in Gold umzutauschen. Um den Krieg zu finanzieren, versuchte man Kriegsanleihen an Private zu verkaufen, da dies nicht von Erfolg gekrönt war, kaufte die Regierung, in Absprache mit den Schatzkanzler, diese Anleihen selber. Die Bank of England hatte damit ein Jahrhundert der geheimen Absprachen von Zentralbanken und Regierungen, hinter dem Rücken der Bevölkerung, eingeläutet. Da die Bank nach dem Ankauf der Anleihen auf einem grossen Berg an Staatsschulden sass, musste die Liquidität durch mehr Gold gestärkt werden, was letztlich zum eingangs erwähnten Appel an die Bevölkerung führte. Um noch mehr Schulden in Form von Krediten zu machen, wurde das gesammelte Gold in die USA exportiert. Für ein Darlehen in Höhe von 50 Milliarden Dollar wurden Goldmünzen im Wert von 10 Milliarden Pfund in Amerika hinterlegt. Insgesamt tauschten Privatbankiers bis Juni 1920 Gold im Wert von beinahe 41 Milliarden Pfund in Papier um, wovon der grösste Teil, zwecks Aufnahme von Krediten, in die USA überführt wurden. So konfiszierte die britische Regierung bis im August 1921 über 455 Tonnen Gold, welches heute den 300 fachen Wert von damals hätte. Dank all dieser Massnahmen und dem Umstand, dass die Bevölkerung nun Papiergeld statt Gold besass, gelang es das Pfund Sterling bei einem Kurs von 4.25 pro Feinunze Gold zu halten, was den trügerischen Anschein erweckte das Pfund sei so solide wie der Gold-Standard. Dies war sozusagen die Geburtsstunde der staatlich geförderten Finanz-Alchemie. Indem Banken kontrolliert und Gold konfisziert wurde, konnten Zentralbanken von nun an Geld durch FIAT erschaffen. Die Druckerpresse und das Giro-Konto war sozusagen der Stein der Weisen.

Wie der Dollar zur Leitwährung wurde.

Unmittelbar nach dem Krieg schien die Abkehr vom Gold-Standard kaum Nachteile zu haben. Als dann aber auch andere Länder die FIAT-Alchemie entdeckten, wurde die britische Wirtschaft über Jahrzehnte immer stärker durch Inflation belastet. Der Pfund/Gold-Kurs wurde zwar weiterhin künstlich stabil gehalten, die Preise von Waren stiegen jedoch stetig an. Dies erschwerte das Leben der durchschnittlichen Briten (Mittelschicht) extrem, was wiederum Forderungen nach Preisregulierung und Lohnkontrollen und letztlich eine organisierte Arbeiterschaft hervorrief. Die Folgen waren Rationierungen, Verknappungen und Massenarbeitslosigkeit. Millionen von nach Kriegsende zurückkehrender Soldaten konnten wegen dieser Preis- und Lohnkontrollen nur sehr schwer in die Arbeitswelt integriert werden. Dennoch war eine Abwertung des Pfund zu jener Zeit noch undenkbar, weil dadurch die Ersparnisse wohlhabender Briten geschrumpft wären. Deshalb druckte die Regierung weiter Papiergeld, um damit Arbeitslose und Arme zu Unterstützen, was die Preise weiter ansteigen liess und das Pfund noch stärker unter Druck setzte. Die Abkehr von Goldstandard und die Tatsache, dass inzwischen grosse Teile der europäischen Goldreserven in Amerika lagen, veränderte auch die geopolitischen Machtverhältnisse. Die Finanz-Alchemie der Briten wurde immer kostspieliger und Amerika und deren Notenbank wurde immer bestimmender. Die USA übernahm die internationale Führungsrolle und das Pfund Sterling verlor über Dreiviertel an Wert gegenüber dem Dollar und über 90% seines Wertes gegenüber Gold! In Folge von Kriegsfinanzierung und der Abkehr vom Goldstandard litten sämtliche grossen europäischen Volkswirtschaften unter immenser Inflation und werteten gegenüber Gold ab. Obwohl es die Bürger Europas erwarteten und deren Regierungen wiederholt versprachen, kehrte man nicht wieder zum Goldstandard zurück, obwohl dies das Ende der Inflation und eine Rezession gebracht hätte.

Die USA wählte diesen Weg. Dies führte zwar zu einer kurzen Rezession, jedoch auch zur längsten Wirtschafts-Expansion der amerikanischen Geschichte. England versuchte aber weiterhin die Quadratur des Kreises und wollte trotz hoher Ausgaben und dem Festhalten am Vorkriegskurs auch weiterhin Weltreservewährung bleiben. So verkauften sie weiterhin Gold an die USA und druckten unablässig Papiergeld, was zu noch mehr Arbeitslosigkeit und weiteren Preisanstiegen führte. Um Druck vom Pfund abzuwenden überzeugte England die USA davon, den Dollar gegenüber Gold abzuwerten, somit konnte auch der Abfluss von Gold aus England nach Amerika eingedämmt werden. Da die Bank of England und die Federal Reserve die Infrastruktur zur Abwicklung internationaler Geldtransfers kontrollier(t)en, war und ist der Rest der Welt dazu gezwungen, deren Transfers darüber abzuwickeln. Bestes Beispiel das dies heute noch so ist, ist die Tatsache, dass Russland seit dem Einmarsch in die Ukraine von diesem System ausgeschlossen wurde.

Letztlich ermöglichten die Inflation in den USA, weitere Kredite an Grossbritannien und grosse Sterling-Reserven in internationalen Zentralbanken es den Briten, wieder zu einem gewissen Goldstandard zurückzukehren. Faktisch war der Goldstandard vor dem Krieg aber für grosse Teile der Bevölkerung für immer aufgehoben. Da im eigenen Land Banknoten nicht mehr gegen Gold ausgetauscht werden konnten, verkauften Privatpersonen ihr Gold im grossen Stil im Ausland, wo sie mehr Papiergeld dafür erhielten. Um zu verhindern, dass noch mehr Gold aus England abfloss, wurde in Amerika eine noch höhere Inflation angestossen, so wurde der heute noch bekannte Konjunktur-Zyklus lanciert. Am Ende dieser Inflation stürzten 1929 die Aktienmärkte in die Krise und auf die boomenden 20er folgten die Pleite-30er. Diese Boom- und Bust-Zyklen sind heute fester Bestandteil im Fiatstandard. Letztlich brachten all diese Manipulationen nichts und das Pfund musst 1931 dennoch um 25% abgewertet werden. Im Verlaufe der 30er wurde dann auch der Dollar um 40% abgewertet. So setzten knapp zwei Jahrzehnte später auch die Amerikaner den Goldstandard aus aber am Ende des zweiten Weltkriegs verfügte Amerika dennoch über ein noch nie da gewesenes Goldreservoir und das wichtigste internationale Zahlungsnetzwerk. Diese neue monetäre Realität wurde 1946 mit dem Vertrag von «Bretton Woods» quasi in Stein gemeisselt. Danach galt für knapp zweieinhalb Jahrzehnte ein Dollar/Goldwechsel-Standard und der Dollar wechselte das Pfund Sterling als Weltreservewährung ab. Von nun an konnten aber nur noch Zentralbanken Dollar in Gold umtauschen.

Die weltweite Dollarschwemme führte dann wiederum Ende der 60er-Jahre zu einer Goldkrise, als Europa die abgewerteten Dollarscheine wieder in Gold umtauschen wollten. Dies führte 1971 zur berühmten Rede von Richard Nixon, mit welcher er die «provisorische» Aufhebung des Dollar/Goldwechsel-Standard verlautbaren liess. Dies war die Geburtsstunde des Fiatstandard, wie wir ihn noch heute kennen und Dollar und Pfund hatten seit 1914 über 95% ihres Wertes eingebüßt. Der aktuell praktizierte Fiatstandard brachte der Welt die Konfiszierung von Gold, Preiserhöhungen, Preiskontrolle, zentrale Planung, inflationäre Geldausweitung und Auf- und Abschwünge. Die Fiat-Geld-Geschichte ist folglich die Geschichte staatlich gelenkter Finanzinstitutionen, welche mit Schulden und Zahlungsausfällen jonglieren.

Die deutsche Übersetzung und Quelle für diese Blog-Reihe des «fiat-standard» findest du bei Aprycot Media.

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