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Gut möglich, dass ich mich durch Nachrichten in der Echokammer täuschen lasse aber Bitcoin scheint aktuell mal wieder in aller Munde. Das Europa-Parlament befasst sich gerade mit einer Vorlage, welche Innovationen im Bereich digitaler Finanzdienstleister weitestgehend verunmöglichen würde. Ausserdem wollte Greenpeace Bitcoin «neu» erfinden (lassen), um ihn Energie effizienter zu gestalten und letztlich wurde gerade die «Bitcoin 2022» in Miami abgehalten. Inzwischen scheint sich diese Konferenz zu einer Verkaufs-Show in amerikanischer Manier zu entwickeln. Aber sei’s drum, bei all dem aktuellen Rummel könnte leicht in Vergessenheit geraten, was einem selbst eigentlich mal zu Bitcoin gebracht hatte. Wie gut, dass es da immer mehr Formate wie die «Bitcoin Lesestunde» gibt. Die Anhörung des Artikels «Die Suche nach digitalem Bargeld» von Alex Gladstein hat mir zumindest meine Motivation für diesen Space wieder in Erinnerung gerufen.
Bitcoin ist Hoffnung …
Wie in diesem Blog bereits des öfteren beschrieben, ist Bitcoin für alle die sich mit ihm befassen etwas anderes. Da regelmässig über den Preis gesprochen wird, steht bei den meisten Neueinsteigern jedoch insbesondere der finanzielle Aspekt im Vordergrund. Selbstverständlich wehre auch ich mich nicht gegen einen «in the long run» kontinuierlichen Preisanstieg aber Bitcoin ist weit mehr als sein Preis. Bitcoin weckt (wieder) Hoffnung auf Freiheit, welche uns gerade im Verlaufe des digitalen Zeitalters beinahe unmerklich aber stetig entzogen wurde. Das Internet ist inzwischen zu einem weltweiten Überwachungs-Staat verkommen. Egal ob Staaten oder Konzerne, alle versuchen sie so viele Daten und Informationen über uns zu sammeln, wie sie nur kriegen. Je tiefer das Eindringen in die Privatsphäre desto grösser die Macht über die Überwachten. Bis vor wenigen Jahren war ich, was Privatsphäre im Internet betrifft, desillusioniert. «1984» stand nicht mehr vor der Tür, es hatte sich beinahe unmerklich in unseren Alltag eingeschlichen. Aktuelle Bilder aus Shanghai lassen einem das Blut in den Adern gefrieren. Insbesondere wenn man davon ausgeht, dass sich inzwischen vermehrt westliche Politiker und Wirtschaftsführer an Chinas Unterdrückungs- und Überwachungsmethoden ergözen. Manch einer würde sich ähnliche Umstände auch in Europa oder Amerika wünschen, weshalb hierzulande neben «unhosted Wallets» auch bald schon verschlüsselte Messenger verboten werden sollen.
Was beim Internet schief lief und sich bei Bitcoin nicht wiederholen sollte.
Da ich bereits die Anfänge des Internet aktiv und intensiv verfolgen und in bescheidenem Rahmen auch mit gestalten durfte, verblüffen mich heute einige Parallelen was die Einführung und Entwicklung beider Technologien betrifft. Erst wurden sie belächelt, dann verunglimpft, später bekämpft und letztlich wird Europa die Innovation erneut in die USA vertreiben. Sollte sich insbesondere letzteres wiederholen, würde mir das aus verschiedenen Gründen missfallen. Zum einen würde die Innovations-Sause mal wieder nicht in Europa abgehen, ausserdem würde dies auch bei Bitcoin eine gewisse «Zentralisierung» zur Folge haben und zudem würde der Einfluss auf die Entwicklung internationaler Finanzdienstleistungen und unsere Privatsphäre erneut massgeblich amerikanisch geprägt. Wer die Macht hat, macht die Regeln und bestimmt die Gesetzgebung. Das war in einem gewissen Sinne bereits beim Internet der Fall und könnte sich bei Bitcoin schlimmstenfalls wiederholen. Kein Szenario welches ich mir wünsche.
Wenn ich mir ausserdem vorstelle, dass in 20ig Jahren auch im Bitcoin-Umfeld Firmen im Stile von Facebook, Amazon, Uber oder Google die «Musik» machen, werde ich mich zwar über den Preis von Bitcoin freuen jedoch den Verlust seiner Werte betrauern. Bei der letzten Bitcoin-Konferenz in Miami wies bereits wieder einiges darauf hin, dass sich die Geschichte auch bei Bitcoin reimen könnte. Ich war zwar nicht persönlich zugegen, verfolgte die Konferenz aber auf diversen digitalen Kanälen und konnte mich dem Eindruck nicht erwehren, dass sich der Anlass spürbar zu einer Krypto-Show entwickelt und die Cypherpunk-Ideale im Stile von Adam Back kaum mehr die nötige Aufmerksamkeit erhalten.
Bitcoin ist Cypherpunk!
Wie ich einleitend bereits andeutete, waren es aber gerade diese Cypherpunk-Ideale welche mein Interesse an Bitcoin weckten. Dies wurde mir nicht zuletzt durch die Lesung von «Die Suche nach digitalem Bargeld» wieder in Erinnerung gerufen. Dieser Artikel beschreibt die Bedeutung von Bargeld und unterstreicht erst recht die Dringlichkeit von digitalem Bargeld. Zumindest eine dieser Geldquellen ist zwecks Schutz der Privatsphäre unerlässlich. Wie Eingeweihte wissen, ist Bitcoin zwar pseudonym aber eben nicht anonym und dank den verstärkten KYC-Vorschriften sind Bitcoin-Transaktionen schnell nicht mehr privat. Doch glücklicherweise gibt es sie noch im Bitcoin-Space, die Cypherpunks der ersten Stunde. Dies wurde mir nach der Anhörung des Artikels von Alex Gladstein bewusst und ich erfuhr so einiges darüber, welchen Einfluss Adam Back auf die Entstehung und insbesondere Weiterentwicklung von Bitcoin hatte. Die Tatsache das Back massgeblich an Taproot mit entwickelte und somit sogenannte «Schnorr»-Signaturen in Bitcoin möglich werden, brachte mir die Zuversicht zurück, dass die Cypherpunk-Ideale bei Bitcoin Core weiterhin von zentraler Bedeutung sind, da Bitcoin mit der Aktivierung von Taproot einen wichtigen Schritt Richtung Privatsphäre und somit auch auf dem Weg zum digitalen Bargeld machte.
Die Bitcoin Lesestunde.
Wenn es interessiert, weshalb mir persönlich Privatsphäre so wichtig ist, hört am Besten mal in die Folge 35 vom «Der Weg» rein. Falls ihr ausserdem mehr zum Thema erfahren wollt, weshalb sich Cypherpunks schon weit vor Bitcoin Gedanken zum Thema «digitales Bargeld» machten, lasst euch den Artikel von Gladstein vorlesen. Äusserst interessant ist letztlich, wie es Satoshi Nakamoto gelang die einzelnen Puzzle-Teile zusammenzufügen und, indem er das Problem des «Double Spendings» löste, Bitcoin als «Trustless Peer-to-Peer Electronic Cash System» zu veröffentlichen.
Aktuell befinden sich weitere fünf Artikel in der Liste der «Bitcoin Lesestunde» von aprycot media. Ich hab die inzwischen alle durch und freue mich schon auf weitere Artikel, welche ich mir auf dem HomeTrainer, unterwegs oder beim Einkaufen durch die Gehörgänge jagen kann.